Teil 1: das Lehrschwimmbecken in der Neubergschule In Zeiten klammer Kassen stehen auch unpopuläre Entscheidungen an, die es aber im Vorfeld zu diskutieren gilt. Es geht darum, Standpunkte transparent zu machen, gegenseitig zuzuhören und am Ende eine für alle tragfähige Entscheidung zu fällen. Im oben genannten Fall sind unsere politischen Ziele zum gegenwärtigen Zeitpunkt eindeutig: „Baden-Württemberg darf nicht untergehen – besser Schwimmen lernen im Ländle – Wasserzeiten für alle“

Immer mehr Kinder verlassen die Grundschule als Nichtschwimmer. Ende der achtziger Jahre hätten noch 90 Prozent aller Viertklässler den Freischwimmer besessen. Heute, gerade einmal 20 Jahre später, besitzen nur etwa 40 Prozent der sechs bis zehnjährigen ein Jugendschwimmabzeichen (vgl. www.wissen.de/deutschland-land-der-nichtschwimmer). Mehr als 20 Prozent der Grundschüler können auch am Ende der vierten Klasse gar nicht schwimmen und die Quote der Nichtschwimmer steigt stetig. Die drohende Abwärtsspirale hat mehrere Gründe.
• Mangelnde Schwimmausbildung in der Schule durch fehlende Wasserzeiten und fachfremden Sportunterricht, obwohl die Schwimmausbildung Teil des Pflichtunterrichts ist und im Bildungsplan der Grundschule deutlich erhöhte Anforderungen vorgibt.
• Immer weniger Wasserflächen bei weiter drohenden Bäderschließungen
• Änderungen im Freizeitverhalten der Familien – Besuch von Spaßbäder mit Riesenrutsche und Massageliege statt Schwimmen lernen im Sportbad von den Eltern, die dazu häufig keine Zeit haben.
• Ungünstige Unterrichtswege/Verlust von Unterrichtszeit - durch die Fahrt zum Bad geht für die Schülerinnen und Schüler ein großer Teil der Unterrichtszeit verloren – auch kein unwesentlicher finanzieller Faktor, zahlt man den Lehrenden in dieser Zeit doch die volle Unterrichtszeit aus Steuergeldern. Der Bildungsplan soll trotz weniger Unterrichtszeit auch tatsächlich umgesetzt werden.
Aber auch ältere Menschen profitieren von einer ausreichend großen Anzahl an Schwimmbädern. Es braucht viele Sport- und Gesundheitsangebote in unmittelbarer Nähe der Wohnung, die im Wasser stattfinden können. So ist ein Training der Muskeln ohne Belastung von Knochen, Sehnen, Bändern und Gelenken und ohne lange Wege zum Hallenbad möglich. Hier wird sich in den nächsten Jahrzehnten auf Grund des demographischen Wandels das Sportangebot noch deutlich weiterentwickeln.
Grundsätzlich reicht die Wasserfläche mit dem Dossenheimer Hallenbad womöglich aus, um allen Kindern das Schwimmen beizubringen und Gesundheitssport im Wasser anbieten zu können. Jedoch würde eine Schließung des Lehrschwimmbeckens eine immense Verschlechterung der Situation für unsere Grundschülerinnen, Lehrkräfte und Gesundheitssportlerinnen bedeuten, die lange Wege in Kauf nehmen müssten. Alles was wegfällt, wird also direkt oder mittelbar dazu führen, dass Kinder weniger Zeit im Wasser verbringen und nicht ausreichend schwimmen lernen und Gesundheitssportler auf die positiven Wirkungen eines Training evtl. verzichten.
In der Zeit zwischen 2000 und 2018 wurde deutschlandweit jedes zehnte Schwimmbad geschlossen. Das ergab eine Recherche der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Bundesweit drohen weit über 100 neue Schließungen, da die Schwimmbecken und deren Technik in die Jahre gekommen sind. Es zeigt sich nun ganz dramatisch, was über viele Jahre hinweg, wie viele andere Dinge auch, in unseren Schulen sträflich vernachlässigt wurde. Wir werden uns der Diskussion stellen und ausgiebig darüber diskutieren, ob und wie sich Dossenheim dieses Lehrschwimmbecken auch weiterhin leisten kann. Ganz sicher ist allerdings zu Beginn dieser Diskussion unsere Haltung: SCHWIMMBÄDER DÜRFEN NICHT GESCHLOSSEN WERDEN!
Trockengelegt und erledigt! ist für uns keine Option, denn Lehrschwimmbecken sind nicht nur ein Kostenfaktor in der Kommune. Zweifelsohne sind die Kommunen u. a. aufgrund von Zahlungsverpflichtungen aus anderen Bereichen de facto überfordert in die Bäderinfrastruktur zu investieren, aber es gilt nach Lösungen zu suchen, die eine Schließung verhindern. Auch in vielen anderen Städten und Gemeinden wird eifrig über die Notwendigkeit von kommunalen Bädern diskutiert. Leere Haushaltskassen und Überschuldung zwingen Kommunen zur Sparsamkeit. Sehr schnell stehen dann Schwimmbäder auf der Streichliste an oberster Stelle. “Der Kostendeckungsgrad hat sich verschlechtert, die Energiekosten sind gestiegen, das Hallenbad weist stark sinkende Besucherzahlen auf, der Zuschuss pro Badegast ist zu hoch“, so oder so ähnlich klingen dann die Argumente. Wir meinen aber, dass die Erfüllung des Erziehungs- und Bildungsauftrags der Schule und die Bereitstellung einer gesundheitsfördernden Infrastruktur mehr Aspekte berücksichtigen sollte, als nur die monetären.
Dennoch spielen die monetären Rahmenbedingungen innerhalb dieser Diskussion eine nicht unerhebliche Rolle und sollen an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben. Jährlich bedeutet der Betrieb des Lehrschwimmbeckens ein Gesamtdefizit von ca. 73.000€. Eine durch die Kliba durchgeführte Kostenschätzung mit verschiedenen Szenarien bzgl. der Wirtschaftlichkeit im Zusammenhang mit Investitionskosten und den Kosten für einen Sanierungsfahrplan wurde erstellt. Angestrebt ist hierbei eine ganzheitliche Lösung für die Schulgebäude und das Gebäude der Sport- und Schwimmhalle. Dabei ergab sich ein jährlicher Kostenaufwand von ca. 53.000€ nach Erneuerung des Gaskessels. Aber auch die Investition in ein Blockheizkraftwerk für Schul- und Sportgebäude und dessen wirtschaftlicher Betrieb wurde untersucht. Sicherlich bedarf es darüber hinaus auch noch anderer Sanierungsmaßnahmen, um ein attraktives Lehrschwimmbecken betreiben zu können. Alles in Allem ein Investitionsvolumen von mehreren 100.000 Euro. So müssen wir uns der Diskussion stellen, inwieweit ein Betrieb des Lehrschwimmbeckens unter Abwägung der pädagogischen und wirtschaftlichen Aspekte vertretbar ist.
(Matthias Harbarth – Fraktionssprecher)

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