Neben der Klimaerwärmung ist das Thema „bezahlbarer Wohnraum“ gesellschaftlich gesehen die größte
Herausforderung. Wohnen gehört zu den Grundrechten des Menschen, ist deshalb auch mit einem
besonderen Schutz versehen und hat einen eigenen juristischen Stellenwert.
Dossenheim hat sich seit Mitte des vergangenen Jahrhunderts auf Grund seiner Lage in der
Metropolregion Rhein-Neckar ziemlich einseitig zu einer Wohngemeinde entwickelt. Die
Bevölkerungszahl erhöhte sich in den letzten vierzig Jahren um circa ein Drittel. Möglich wurde dies
durch eine Ausweitung des Wohngebiets in Richtung Westen. Die Wohngebiete West 1 und West 2
gaben Dossenheim ein neues Gesicht, gingen aber auch mit einem erheblichen Verbrauch wertvoller
gärtnerischer und landwirtschaftlicher Fläche einher. Parallel dazu wurde im alten Ortsbereich der
Wohnraum verdichtet, ehemals landwirtschaftlich genutzte Anwesen mit den dazugehörigen Scheunen
wurden sukzessive umgenutzt. Das Gleiche gilt für früher gewerblich benötigte Flächen im alten
Ortskern. Der Druck auf den Wohnungsmarkt wurde durch die Vergrößerung des Wohnungsangebots
nicht geringer, sondern nahm eher noch zu.
Bedenkt man, dass wir in Deutschland keine Bevölkerungszunahme mehr haben, kann man eine
Verschiebung und individuelle Erhöhung der Wohnflächennachfrage feststellen, die eine immer stärkere
Konzentration auf die Ballungsräume bewirkt. Einhergehend damit sind überproportional steigende
Grundstückspreise und Mieten. Bezahlbarer Wohnraum - so definiert, dass man mit einem
durchschnittlichen Einkommen in Dossenheim Wohnraum anmieten kann - wird immer knapper. Künftig
wird man auch reflektieren müssen, wie sich Wohnraumverdichtung auf die Klimaveränderung auswirkt.
Urbanisierung gilt weltweit als „Klimakiller“ Nummer eins. Alles im allem eine äußerst herausfordernde
Gemengelage, speziell auch unter dem Aspekt, in Dossenheim eine soziale Durchmischung hinsichtlich
bezahlbaren Wohnraums zu fördern.
Bezahlbarer Wohnraum ist vom Gemeinderat als Schlüsselposition festgelegt worden. Unter
Schlüsselposition versteht man kommunalpolitische Ziele, denen im Haushalt der Gemeinde Maßnahmen
und Kennzahlen zugeordnet werden, um Kommunalpolitik überprüfbar strategisch gestalten zu können.
In Bezug auf bezahlbaren Wohnraum wurde innerhalb dieses Kontexts der Begriff „denkbare Fläche“
definiert und der Standort des ehemaligen Bürogebäudes „Vatter“, sowie Grundstücke entlang des
Gassenwegs diesem Begriff zugeordnet. Im Gemeinderat entstand Uneinigkeit darüber, ob diese Flächen
im Haushaltsbeschluss konkret benannt werden sollen oder nicht. Mit knapper Mehrheit wurde dieses
Ansinnen, für dessen Aufnahme die CDU gestimmt hat, abgelehnt. Ein Argument, das gegen die
Aufnahme ins Feld geführt wurde, war, dass es sich um eine strategische Planung handle und deshalb eine
Einengung unzulässig sei.
CDU-intern wurde die Frage erörtert, welche Optionen es denn jenseits der Fläche „Bürogebäude Vatter,
Gassenweg“ gebe. Was bebaubare Flächen anbelangt, stehen westlich der B3 unserer Überzeugung nach
keine Flächen mehr zur Verfügung. Wie oben schon ausgeführt, hat die beachtliche
Wohngebietserweiterung der letzten Jahre fast ausschließlich dort stattgefunden, zudem wurden jüngst
circa 40000 m2 für ein Gewerbegebiet erschlossen und der Bodennutzung entzogen.
Östlich der B3 gibt es weder südlich in Richtung Handschuhsheim, noch nördlich in Richtung
Schriesheim Möglichkeiten, Flächen auszuweisen. Das an der Grenze zu Schriesheim gelegene Gewann
Augustenbühl, zu dem die Grundstücke im Bereich Gassenweg gehören, hat im Moment noch den Status
als Baureserve. Dieses Gewann gilt als ökologisch wertvoll, deshalb soll bei der Fortschreibung des
Flächennutzungsplans nach Alternativen gesucht werden. Sofern man nicht westlich der B3 weitere
Flächen dafür vereinnahmt, gibt es diese Flächen auf Dossenheimer Gemarkung nicht mehr. In puncto
Baureserve dürfte sich die im Zusammenhang mit strategischer Planung beschriebene Problematik der
fehlenden Optionen spiegeln.
Auch die CDU Dossenheim stuft das Gewann Augustenbühl als ökologisch hochwertig ein und beurteilt
eine zukünftige Bebauung kritisch. Allerdings machen wir bei den Grundstücken des Gassenwegs -
ausschließlich auf die Thematik „bezahlbarer Wohnraum“ bezogen - als denkbare Fläche eine Ausnahme.
Das Areal des ehemaligen Bürogebäudes Vatter ist eine circa 1000 m2 große, geschotterte Fläche ohne
ökologischen Wert. Der Bereich Gassenweg ist - verglichen mit der gesamten Größe des Gewanns
Augustenbühl - relativ klein. Auch ist dieser Bereich direkt angebunden an das Wohngebiet, das auf dem

ehemaligen Werksgelände des Steinbruchs Vatter errichtet wurde. Sicherlich bedeutet eine Nutzung als
Wohngebiet, auch wenn es für bezahlbaren Wohnraum wäre, einen ökologischen Verlust, aber nutzt man
andere Flächen, ist dieser Verlust auch gegeben.
Bündnis 90/ Die Grünen haben in Bezug auf Schaffung preiswerten Wohnraums das sogenannte
Contracting-Verfahren als Antrag eingebracht. Hierbei soll die Gemeinde als Mieter von Wohnraum
auftreten, um dann als Bauherr diese angemieteten Immobilien in Stand zu setzen, um sie wiederum
preisgünstig zu vermieten. Man hat hier besonders an den Ausbau von Dachstühlen gedacht. Ein Modell,
das aus dem gewerblichen Bereich stammt und beispielsweise bei Fotovoltaikanlagen angewandt wird.
Dieser Antrag wurde im Gemeinderat mit großer Mehrheit abgelehnt. Die CDU meint zu Recht. Man
kann gewerbliche Modelle nicht einfach auf die mit einem ganz anderen Rechtsstatus versehene
Wohnmietsituation übertragen. Vorwiegend privat genutzter Wohnraum bedeutet eben auch, dass ganz
andere private Interessen hier zum Tragen kommen, die im Vergleich zu gewerblicher Vermietung
andere Auswirkungen haben. Diesem Antrag lag auch keinerlei konkrete Kalkulation zu Grunde, sowohl
ökonomisch, wie auch in Bezug auf verfügbare Verwaltungskapazitäten.
Die CDU schätzt Ideen, sie müssen aber auch eine seriöse Plausibilität nachweisen. Für narrative Ideen in
dem Sinne, dass das Ausprobieren im Vordergrund steht, hat das Wohnen unserer Meinung nach eine zu
grundsätzliche Bedeutung. Wir sind dafür, Hausbesitzer zu unterstützen, die ihren bisher ungenutzten
Dachraum ausbauen wollen, lehnen es aber ab, Hausbesitzer, die dies nicht wollen, unter Druck zu setzen.
Ob ausgebaut wird oder nicht: Wir freuen uns auf jeden Fall, wenn künftig möglichst viele Dachflächen
mit Fotovoltaikanlagen belegt werden.
(Heinrich Hack)

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